Als Renate Opiolla den Besuch vor dem Schulgebäude empfängt, verweist sie als erstes auf den Desinfektionsspender, der vor der Eingangstür steht. Die Hände werden gereinigt, dann müssen sich Externe in eine Liste eintragen – ähnlich wie in Restaurants. Im Treppenhaus sind die Laufwege mit Pfeilen gekennzeichnet, Hinweisschilder erinnern im ganzen Schulgebäude an die richtige Verhaltensweise während der Pandemie. Es hat sich einiges geändert seit 2013, als die damalige Interimsrektorin Renate Opiolla zur Leiterin der Einrichtung ernannt wurde – damals war es noch eine Grund- und Werkrealschule. Bereits als Konrektorin hatte die heute 64-Jährige mit dem Kollegium die Entwicklung hin zu einer Gemeinschaftsschule vorangetrieben, im Schuljahr 2014/15 war es dann so weit.
Für Renate Opiolla ist das einer der Höhepunkte ihrer Zeit als Besigheimer Rektorin. Sie ist von dem Konzept überzeugt: „Die vierte Klasse ist eine Momentaufnahme. Sie beschreibt noch nicht die Entwicklung und das Potenzial, das Kinder haben.“ Kann in dem Alter wirklich festgelegt werden, welche Schulart, welcher Abschluss am besten für das Kind wäre? In der Gemeinschaftsschule habe man durch das Coaching und die Ganztagsstruktur einen anderen Zugang zu den Schülern; sie würden enger begleitet und so könne die Lehrkraft eventuelle Probleme schneller ausmachen. Und: Durch das in der Gemeinschaftsschule geförderte selbstständige Lernen (Lernband) wäre das coronabedingte Homeschooling für die die Schelling-Schüler weniger ein Problem gewesen. Generell stellt der Virus die Schullandschaft bundesweit auf den Kopf. Präsenzunterricht, Lernen zu Hause, Abstandsregel – ja oder nein, Hygienekonzept, Rückkehr zum Regelunterricht, Ausbau der Digitalisierung: Langeweile kommt bei der Rektorin und ihrem Kollegium derzeit keine auf. Momentan laufen auch die Vorbereitungen für das neue Schuljahr – es wird dabei nicht nur Plan A erstellt, sondern auch B, C und D. Zu viele mögliche Szenarien sind nach den Sommerferien denkbar. Wie verhält es sich mit den Neuinfektionen, wenn viele aus den Urlauben zurückgekehrt sind? Droht ein Lockdown? „Es ist schwierig, weil keiner weiß, was kommen wird“, sagt Renate Opiolla. Deswegen sei es auch keine gute Zeit, um in Ruhestand zu gehen – „ich denke da einfach an mein Kollegium, das es nicht leicht haben wird“. Dass sie in solchen turbulenten Zeiten dennoch beruhigt gehen könne, liege auch daran, dass ihre Nachfolge klar ist: Der bisherige Konrektor Jürgen Ruf hat vor einigen Tagen seine Bestellung als Rektor der Friedrich-Schelling-Schule erhalten – „die Schule ist in guten Händen“. Jürgen Ruf kenne die Abläufe vor Ort gut. Die Struktur einer Gemeinschaftsschule erfordere eine enge Zusammenarbeit, Einzelkämpfer seien dort fehl am Platz. Auch durch die Einführung der Stufenteams seien viele Absprachen möglich.
Rente Opiolla ist sich sicher, dass Ruf für die Kollegen Konstanz biete. Das ist umso wichtiger, da es in naher Zukunft auch ein bauliches Großprojekt zu stemmen gilt: Die Grundschule wird auf fünf Züge erweitert; der Mittelbau wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt (wir berichteten mehrfach). Zudem laufen die Vorbereitungen für den Ganztagsbetrieb der Grundschüler. Bei Letzterem verweist Renate Opiolla auf das bestehende Nachmittagsprogramm für jeden Schüler einmal pro Woche. Das funktioniert mit Vereinskooperationen. „Es gibt jetzt schon Angebote, die man einfach nur noch in die Ganztagsstruktur setzen muss.“ Grundsätzlich sei die Friedrich-Schelling-Schule gut aufgestellt und aus der städtischen Schullandschaft nicht mehr wegzudenken.
Auch wenn in den vergangenen Jahren nicht immer alles einfach war, so hat sich Renate Opiolla stets ihren Optimismus bewahrt. „Geht nicht, gibt’s nicht“ – das sei immer ihr Motto gewesen. Ihr Vater, selbst Lehrer, habe ihr das mit auf den Weg gegeben, als sie ihr Referendariat angetreten habe. Und so sagt sie sich auch, aus der jetzigen Situation müsse das Beste gemacht werden. Dass es am Donnerstagmittag keine große Abschiedsfeier geben wird, sondern nur im kleinsten (schulamtlichen) Kreis? „Es ist, wie es ist. Ändern kann man die Situation nicht.“ Bei der Verabschiedung der Abschlussjahrgänge kommenden Dienstagabend wird Renate Opiolla im Einsatz sein. Am letzten Schultag gibt es noch eine Dienstbesprechung – und dann ist Schluss. „Ich werde nicht das Problem haben, dass mir langweilig sein wird“, ist die vierfache Oma überzeugt. Zunächst soll aber mal der Kopf freigemacht werden – mit einer mehrtägigen Wanderung auf dem Jakobsweg, den Opiolla mit einer Freundin bis Horb in Angriff nehmen wird. Auch ihr Mandat als SPD- Stadträtin in Bönnigheim hat sie ja noch inne. Und was ist, wenn an der Friedrich- Schelling-Schule die Abriss- und Neubauarbeiten beginnen? Wird man sie dann nicht vielleicht doch wieder in Besigheim antreffen? Renate Opiolla lacht und winkt dann ab: „Man muss Distanz schaffen können. Wenn ich nicht gerufen werde, werde ich auch nicht kommen.“ Überhaupt: „Ich habe ein Wahnsinnsvertrauen in mein Kollegium und meinen Nachfolger. Die kriegen das hin.“
(NEB, Dorothea Kauer, 22.07.2020)